Hallo zusammen,
wenn ich mit der Kamera unterwegs bin, fotografiere ich meistens das, was mir vor die Linse läuft oder fliegt. Effektiver und spannender ist es jedoch, sich mit einer Tierart über einen längeren Zeitraum zu beschäftigen. Nur so kann man die vielen verschiedenen Verhaltensweisen beobachten und festhalten.
Wenn man sich auf eine Art konzentriert, sollte man zunächst herausfinden, wo diese vorkommt und wo man sie am besten beobachten kann. Ich habe mich in diesem Jahr für die Haubentaucher entschieden und diese kommen im Müritz Nationalpark glücklicherweise quasi an jeder Ecke vor. Durch einen guten Tipp konnte ich eine Stelle für meine Beobachtungen nutzen, an der ganze zwölf Haubentaucherpaare auf engstem Raum brüteten, also perfekte Bedingungen für solch ein Vorhaben.
Ich habe dafür das SIGMA 500mm F4 Sports genutzt, welches bestens dafür geignet ist. Zum Einen hat man aufgrund der großen Blende eine wunderbare Freitstellung der Vögel und zum Anderen kann man auch zu späterer Stunde noch Fotos machen, ohne das der ISO in extreme Höhen geht. Der Fokus ist absolut schnell und sitzt auf dem Punkt, hinzu kommt eine hervorragende Abbildungsleistung.
Aber auch das SIGMA 150-600 Contemporary oder Sports wären aufgrund der Flexibilität und großen Brennweite sehr gut geeignet gewesen.
Damit man mit den Vögeln auf Augenhöhe ist und somit einen butterweichen Hintergrund bekommt, ist es wichtig, eine möglichst bodennahhe Position zu haben. Glücklicherweise war direkt neben den Nestern ein kleiner Steg, auf dem ich es mir gemütlich machen konnte. Da dort ein kleiner Hafen in der Nähe ist, waren die Vögel durchaus die Präsenz von Menschen gewohnt, wodurch die Fluchtdistanz etwas geringer war als üblich. Das macht die ganze Sache um einiges einfacher und man kann somit auf Tarnung komplett verzichten.
Die besten Lichtbedingungen hat man wie gewohnt am frühen Morgen um den Sonnenaufgang. Wenn es nachts wolkenlos und sehr viel kühler war als am Tage, so hat man gute Chancen, das am Morgen eine dicke Nebelschicht über dem See liegt. Sobald die Sonne dann über dem Horizont hervorkommt, scheint alles förmlich zu brennen. Der Vogel ist nun nur noch als Silhouette warzunehmen und sieht aus wie ein Phönix, der aus seiner Asche wiederauferstanden ist. Der Nebel wirkt wie ein natürlicher Diffusor und somit ist das Licht schön weich und unterstreicht die grazile Form des Vogels.
An einem Morgen, als die Sonne gerade über dem Horizont hervorkam, war ich mit meinem Cousin wieder bei den Haubentauchern. Während ich auf dem Steg lag und einen brütenden Vogel fotografierte, bat ich meinen Cousin etwas zur Seite zu gehen. Die Sonne stand noch sehr tief und erzeugte lange Schatten. Sein Schatten lag dann genau auf dem Vogel, das Schilf im Hintergrund wurde nach wie vor durch die Sonne angestrahlt. Da der Haubentaucher nun abgeschattet war, war er natürlich auch etwas dunkler, so dass ich insgesamt etwas überbelichten musste. Das im Hintergrund angestrahlte Schilf wurde dadurch noch heller und strahlender. Die Farben an sich sind wesentlich satter und man muss beim Haubentaucher auch nicht befürchten, dass die hellen Federpartien an Kopf und Brust ausbrennen und die Konstraste sind insgesamt nicht so hart.
Die nicht abgeschattete Variante hat natürlich auch seinen Reiz und wie immer kommt es auf den Geschmack jedes Einzelnen an. Die beiden Fotos wurden unmittelbar nacheinander aufgenommen.
Während einer der Vögel auf dem Nest sitzt, ist der andere unentwegt dabei, die schwimmenden Nester mit Nistmaterial weiter auszubauen. Dazu werden Schilf, Gräser, Seerosenblätter und was noch so zu finden ist herangeschleppt und sorgfältig in das bestehende Nest eingearbeitet. Regelmäßig werden dann die Rollen getauscht und der, der das Nistmaterial herangeschafft hat, setzt sich auf die Eier. Vorher wird aber noch sorgfältig überprüft, ob alles am richtigen Platz ist und die Eier werden alle einmal gedreht, damit die kleinen Embryos nicht an der Eierschale ankleben und die Eier gleichmäßig Wärme bekommen.
Ich habe die Nester über einige Wochen hinweg beobachtet und das Schöne dabei ist, dass man nebenbei auch eine Vielzahl anderer Tiere beobachten kann. So tummeln sich im Schilf Teichrohrsänger und Graureiher, ab und zu kommen Fisch- und Seeadler vorbeigeflogen und auch ein Schwarzmilan war ein regelmäßiger Gast. Man muss also immer alles im Blick haben, denn wer weiß, vielleicht holt sich der Milan ja noch einen Fisch genau vor meiner Nase?
In den ganzen Wochen habe ich sehnsüchtig darauf gewartet, dass endlich die kleinen Küken schlüpfen. Nach einer Weile waren von den zwölf Nestern jedoch nur noch vier übrig. Die anderen Nester sind einfach, wie vom Erdboden verschluckt, verschwunden. Ich bin nicht sicher, was genau mit ihnen passiert ist, aber in der Nähe gibt es Fischotter, Waschbären und andere Tiere, die sicher ganz scharf auf die Eier sind.
Vom Nachwuchs war jedenfalls nach wie vor keine Spur zu sehen.
An einem Abend, als ich wieder bei den Haubentauchern war, schaute ich mich zunächst um, ob mittlerweile eines der Küken geschlüpft war, aber es war nichts zu erkennen. Ganz offensichtlich waren die Haubentaucher noch immer mit dem Brüten beschäftigt und ansonsten schien nicht viel zu passieren. Nur der Schwarzmilan kreiste über mir und ich hoffte, dass er sich heute endlich mal einen Fisch holt, doch nach einer Weile verschwand er hinter einer Baumreihe und so beobachtete ich weiterhin die Haubentaucher. Doch plötzlich, wie aus dem Nichts, kam der Schwarzmilan angeschossen und ging steil nach unten, doch nicht um sich einen Fisch zu holen. Er steuerte eines der Nester an, griff ganz gezielt zu und erbeutete sich ein Küken. Offenbar war doch schon mindestens ein Küken geschlüpft. Die Haubentaucher versuchten mit ihren spitzen Schnäbeln dagegen zu halten, doch sie hatten keine Chance. Der Milan verschwand mit seiner Beute im nächsten Baum und ließ sich an dem Abend nicht mehr blicken.
Ich hatte nur einen kurzen Augenblick um zu realisieren, was da gerade passiert. Die Kamera hatte ich vorher schon eingestellt und griffbereit auf dem Schoß. Ich riss die Kamera hoch, visierte auf den Milan und hielt drauf. Der Fokus erfasste den Milan sofort und so konnte ich glücklicherweise diese Szene festhalten. Mir war bisher nicht bewusst, dass sich Schwarzmilane direkt aus einem Nest heraus bedienen, aber dieses Exemplar hat sich eventuell aufgrund der vielen Nester und der guten Grundlage spezialisiert.
Den Haubentauchern blieb nichts anderes übrig, als es von Vorne zu versuchen. Zuletzt waren es nur noch zwei Nester, aber auch diese sind in diesem Jahr ohne Bruterfolg geblieben. Wer letztendlich die Nester zerstört hat, kann ich zwar nicht genau sagen, jedoch weiß ich, wer sich unter anderem an den Küken zu schaffen gemacht hat.
So konnte ich in diesem Jahr zwar keine Küken fotografieren, wie sie auf dem Rücken ihrer Eltern mitfahren, aber dafür habe ich spannende Beobachtungen gemacht. Die Natur mag manchmal grausam erscheinen, aber auch der Schwarzmilan muss seinen Nachwuchs versorgen und selbst überleben. Dennoch hätte ich mir irgendwie gewünscht, wenn es ein paar der Küken doch noch geschafft hätten. Ich hoffe, dass die Haubentaucher im nächsten Jahr mehr Glück haben werden.
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